Mittwoch, 5. Januar 2011

Restlichtverstärker

Roland Peter Kellner

"Was ist das für ein kleines Brot, was Sie da in der Mitte liegen haben?"
"Das dunkle hier? Das ist so ein Rest - von dem Roggenbrot."
Fast entschuldigend, in Rechtfertigungsnöten, sagte dies die Frau hinter der Bäckerladentheke zu mir.
Ein Rest also. Nun, warum nicht, für mich reicht ein Rest. Ist ja trotzdem Brot und hat mehr Kruste, aber die mag ich ja. Knusprig ist die, und herzhafter als das Innere.
"Ich wiege es Ihnen grad mal. Ein halbes Pfund ist das, 70 Cent, bitte!"
70 Cent. Ein Rest Brot für Restgeld.
"Soll ich es Ihnen schneiden?"
"Danke, das mach' ich selbst."
Ein halbes Pfund Brot zu schneiden, das traue ich mir dann schon zu. Das schaffe ich alleine.

Der Weg nach Hause war kurz, fast zu kurz, an diesem Frühlingstag, der warm und duftend war wie der kleine Leib Roggenmischbrot in meiner linken Hand, mit dem ich schlendernd die Straße entlang ging, zwischen Daumen und Zeigefinger prüfend die Frische ertastend.
Es gibt immer irgendwo einen Rest Licht, der auch in traurige Augen scheint, dachte ich, der den Appetit nicht vergehen lässt, der einen von kleinen Broten satt werden lässt, ist nur die Kruste knusprig genug und ein wenig Duft nach Leben darin.
Restlos glücklich ist sowieso niemand.


Copyright Roland Peter Kellner 

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