Montag, 13. August 2012

Schwarz 3

Michael Neid

Sie ist neben mir auf dem Sofa. Eine Bierflasche baumelt vor meinem Blickfeld. Mit zittrigen Fingern schnappe ich sie mir und besinne mich kurz darauf, von wem dieses wunderbare Geschenk kommt. Die Frau. Sie sagt irgend etwas, was ich nicht verstehe, weil es viel zu laut ist. Ich antworte irgend etwas, was überhaupt keinen Sinn ergibt. Sie lächelt. Ich bewege Muskeln, von denen ich hoffe, das sie sich in der Nähe des Munds und nicht sonst wo befinden. Es ist nicht leicht mit zuviel Gras, Pillen und Getränken.
Aber es geht. Sie redet und wenn ich nicht gerade auf ihre Brüste oder ihre Beine starre, nicke ich auch mal oder schüttele den Kopf.

Eine Unendlichkeit und eine ganze Reihe Tüten später ist mir ganz schwindelig von Nicken und Kopfschütteln. Von ihren Brüsten, die immer runder, von ihren Beinen, die immer länger werden auch. Nach dem ganzen Geschwalle ist es nur ein Sekundenblick zwischen unseren Augen, ein Blick, der alles sagt. Die pure Geilheit. Aber nicht hier. Sie steht auf. Ich folge ihr durch einen dichten Wald von Menschen, die alle noch beim Reden sind, bevor sie dann den Sekundenblick, den mit der Geilheit bekommen.
Mein Blick ist auf ihre Beine gerichtet, auf ihre Waden, die sich sanft unter einer Strumpfhose abzeichnen. Ihre Beine, die im Dunst vor mir auf und ab tanzen. Ihre Pumps, die so laut auf dem Boden hämmern, dass sich der Schlag wie metallische Schädel noch in meinen Knochen fortpflanzt, tausendfach in meinem Kopf widerhallt.
Das Hämmern hört abrupt auf. Sie ist vor dem Gastgeber stehengeblieben. Verabschiedung und nochmaliges Lob auf die Bilder. Ich bin hinter ihr und wische mir verstohlen über den Mund, um eventuellen Speichel abzuwischen. Dann bin ich an der Reihe. Rülpse nur kurz, als ich ihm die Hand gebe. Ein sublimes Lächeln ist seine Antwort. Dieses Arschloch.
Draußen. Die kühle Nachtluft wirkt belebend und erfrischend. Ich will sofort einen neuen Joint rollen, aber sie nimmt meine Hand und zieht mich fort. Instinktiv finden wir die Richtung zu meinem Wagen.
Ein paar Jugendliche kommen uns entgegen. Einer trägt ein Autoradio unter dem Arm. Es berührt mich unangenehm. In einer Welt, in der Kinder nachts ausziehen, um andere zu bestehlen. Um Waffen zu kaufen, Drogen zu finanzieren? Sie streicht mir übers Gesicht, um die Düsternis zu vertreiben. Mitleid? Ich streiche über ihren Hintern. Er ist rund, er ist fest, ich kann die Slipline fühlen. Geilheit! Ich will tiefer, unter den Stoff, unter die Haut, dahin, wo es nur noch feucht und warm ist. Sie zieht mich fort.
                                                                                                        Fortsetzung folgt.


Copyright by Michael Neid