Montag, 18. April 2011

Tauchgang

Roland Peter Kellner

Es ist ein Farbenmeer wie eh und je,
allein der Mut, hineinzutauchen
aus grauem, ödem Einerlei
wird Zeit und neue Hoffnung brauchen.


Copyright by Roland Peter Kellner

Stücke aus Licht

Roland Peter Kellner

Nacht bricht aus.
Wer sich zu weich
an den Tag schmiegte,
zerschellt nun gefroren
zu Stücken
aus Licht,
das am Horizont begraben wird.

Helles hat keinen Platz.
Zu blind ist der Spiegel,
zu schnell versiegt die Farbe der Bilder
im Gestern,
im Dunkel
der Erinnerung an den Tag.


Copyright by Roland Peter Kellner

Opal

Roland Peter Kellner

Damit ich nicht erblinde,
gehe ich auf die Suche
nach dem Lichtschalter.

Ich lösche das Licht,
damit ich sehen kann,
wie das Schwarz
von den Farben träumt.

An, aus, an, aus, jeden Tag,
Morgen
Abend
wieder

lösche ich das Licht
und sehe Dich
schillern
wie einen amorphen Opal.


Copyright by Roland Peter Kellner

Der rote Teppich

Wilhelm Edel

Wer träumt, zumindest in jungen Jahren, nicht davon, einmal auf dem "Roten Teppich" zu stehen? Zumindest bewundern, bestaunen oder nehmen wir auf alle Fälle zur Kenntnis, was uns da so alles auf dem roten Teppich präsentiert wird. Selbst zwielichtige Gestalten werden durch diese Ehre in ein anderes Licht gerückt. Keine Sorge, diese Story befasst sich nicht mit dieser Elite und nicht mit der Frage, was da zu Recht - oder auch nicht - geschieht. Nein, es geht ganz schlicht und einfach um mich, um meine Person, der diese Ehrung wider alles Erwarten widerfahren ist.
Irgendwo an der Peripherie von Rio de Janeiro liegt eine unbedeutende Siedlung mit dem schönen Namen Carracol do Sul. Es sind eigentlich nur einige einfache Bretterhäuschen mit einem Armazen, dem landesüblichen Zentrum zum Verkauf der Grundnahrungsmittel plus Wein, Bier und Schnaps. Beim genauen Hinsehen fallen drei Dinge auf: die vielen einfachen Menschen, die wenigen Autos, aber vielen Busse und ein imposantes Steingebäude, den Dorfplatz beherrschend, wenn auch anscheinend fehl am Platz. Ein verhältnismäßig bevölkerungsreiches Hinterland rechtfertigt dann wohl auch die Tatsache, dass es sich hier sogar um eine Busstation handelte für Nah- und Fernverkehr. Der massive Palast stammte zweifelsohne aus Zeiten, als Brasilien noch Kaiserreich war. Damit hängt sicher auch die Tatsache zusammen, dass dieses Carracol do sul durch all die, dieser Zeit folgenden Jahrzehnte weiterhin Haltestelle für Fernbusse blieb, nachdem man den Bahnverkehr eingestellt hatte.
Ich betrat dieses imposante Gebäude, um mich von hier aus mit einem Bus durch eine der schönsten Gegenden Brasiliens schaukeln zu lassen. Beim Betreten fiel etwas sofort auf. Die überdimensionale große Empfangshalle schien wie von Geisterhand in zwei Bereiche geteilt zu sein. Während linkerhand ein geschäftiges Treiben herrschte, Menschen hin und her rannten, Gepäckstücke in Dimensionen von Kleiderschränken geschultert, geschoben oder gehoben wurden und alles begleitet von einem Stimmengewirr mit hohem Pegel, erschien die andere Seite wie ausgestorben. Hinter dem Fahrkartenschalter auf dieser Seite blickte Kreolo mittleren Alters emotionslos auf die Langeweile, die ihn umgab. Auf eine Frage nach einer Verbindung nach Sao Paulo blühte er auf, erzählte, nein, rühmte die Schönheit dieser Strecke - das wusste ich ja, denn deswegen wollte ich sie doch fahren - und riet mir wortgewandt und -reich davon ab, einen Bus zur Linken zu wählen. Die seien immer überfüllt, hielten an jedem Gartenzaun... und das viele Gepäck und dann auch die ungute Luft, die diese Leute umgebe und, und das sei auch wichtig, es seien lauter alte Fahrzeuge, bei denen man nie wisse, ob sie auch wirklich ihr Ziel erreichen und gerade fehlerhafte Bremsen seien schon manchem Fahrzeug und seinen Insassen zum Verhängnis geworden. Der Schnellbus dagegen auf seiner Seite sei modern, ein Pullman mit Liegesitzen und Bordservice. Die Entscheidung war gefallen. Ich nahm den Schnellbus.
Es war Glück, dass die Zeit bis Ankunft und Abfahrt dieses Luxusgefährts kaum mehr als eine Stunde betrug. Bei dem Leben in und um der Halle verging die Zeit wie im Flug. Als der fast leere Bus vorfuhr, gedachte ich der kaiserlichen Station durch die dafür vorgesehene Tür zu verlassen. Aber da wurde ich gebremst. Man bat mich höflich, mich noch ein klein wenig zu gedulden. Ich wusste nicht warum, aber was soll es. Da sah ich, wie zwei Arbeiter auf einem Rollwagen eine große Rolle Teppich herankarrten. Sie wuchteten ihn vor den Ausgang und rollten ihn aus und er reichte genau die circa zehn Meter bis zum Einstieg am Bus. Der Teppich war rot! Nachdem das Werk vollendet war, öffnete man mir den Ausgang und ließ mich, nicht ohne höfliche Verbeugungen passieren. So schritt ich über den roten Teppich, das erste und das letzte Mal in meinem Leben. Die Fahrt war ein Erlebnis zum Genießen.


Copyright by Wilhelm Edel        

Morgengrauen

Roland Peter Kellner

Hinter Bergen sind Berge,
das Land endet nicht.
Es mündet in Meere,
die an Länder branden.

Auf Zeiten folgt Zeit,
der Tag endet nicht.
Er dämmert zu Nächten,
denen vor Morgen graut.


Copyright by Roland Peter Kellner